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Messtechnik
Erinnerungen an einen großartigen Ingenieur
Nach meiner Lehre, die ich ja noch nach dem Studium der Fotografie, begonnen hatte, führte mich mein Weg ja in die Sigwinstraße in Köln. Hinter diesem unscheinbaren Wohnhaus war, wenn man durch das Tor rechts ging, eine sehr schön eingerichtete Werkstatt, in der aller feinste Elektronik gebaut wurde. Neben den schon beschriebenen CNC Steuerungen wurden dort auch für die Firma Turbo Messtechnik Geräte zur Durchflussmessung gefertigt. Die Technik dieser Geräte geht auf Patente des bei Turbo beschäftigten Ingenieurs Friedhelm Doll zurück. Da die Patentschriften im Internet frei einsehbar sind, habe ich zwei dieser Patente einmal hier aufgenommen:
Die Teile des zweiten Patents erinnern mich sehr stark an die Schaltung, die ich von diesen Geräten noch im Kopf habe.
In dem Rechteckigen Gehäuse befand sich der Messwandler. Er enthielt eine Leistungselektronik zur Ansteuerung der Magnetspulen im Messrohr. Da dort sehr kräftige Felder erzeugt werden müssen, wurde eine Leistungselektronik mit hoch belastbaren Transistoren verbaut, die im Betrieb sehr warm wurden. In unserer Werkstatt hatten die Geräte deshalb den Beinamen "Bügeleisen".
Das besondere Messprinzip der Geräte erzeugt in dem durchfließenden Medium eine sehr kleine Spannung, die von der Geschwindigkeit des Flusses abhängt, und somit in die Durchflussmenge umgerechnet werden kann. Diese Spannung wird über Elektroden im Messrohr abgenommen. Die Elektroden bestehen aus besonders resistenten Materialien, damit auch aggressive Medien ausgemessen werden können. Zur Verstärkung und Auswertung der Signale wurden aller feinste, in der damaligen Zeit erhältliche, Bauelemente eingesetzt. Die Eingangsstufe bestand etwa aus besonderen Instrumenten Verstärkern der Firma "Burr Brown".
Wie man sehen kann, wurden die Messaufnehmer in den verschiedensten Größen und Flanschen gefertigt - bis "ganz groß".
Heute befindet sich auf dem Gelände der Turbo Werke ein Lebensmittel Discounter. Das Turbowerk wurde wohl ein der Zeit meiner Beruflichen Tätigkeit beim Fernsehen an die Firma Mecon verkauft Für interessierte wird auf diesen Seiten auch das Messprinzip der magnetisch induktiven Messung erläutert. Heute sehen die Geräte auch viel moderner aus.
Als alter Elektroniker würde mich heute die verbaute Elektronik interessieren, die sicher gar nichts mehr mit dem zu tun hat, was wir damals verbaut haben.
Die Firma in der Sigwinstraße gibt es auch längst nicht mehr, und auch unser ehemaliger Chef - wir nannten Ihn auf Grund seines kräftigen Körperbaus, und dem etwas tapsigen Gang "Bär"- ist längst verstorben. Im Internet habe ich auch von Friedhelm Doll nur noch eine Todesanzeige gefunden. Ich habe bei den Gesprächen mit Ihm, und beim Studium der verwendeten Schaltungen unglaublich viel gelernt, was mir im späten Berufsleben immer von nutzen war. Man muss ja auch bedenken, dass die bestückten Platinen bei der Inbetriebnahme die unterschiedlichsten Fehler haben konnten, die auch erst einmal gefunden werden mussten. Diese Fehler sind heutzutage durch automatische Bestückung sicher selten geworden. Der Klassiker war übrigens ein Fehler bei den verwendeten Feldeffekt Transistoren, die zum "herausschneiden" bestimmter Abschnitte des Messsignals verendet wurden: Die hatten zum Schutz des MOS FET einen Ring aus Leitgummi um die Beinchen gelegt, um alle Anschlüsse auf gleichem Potential zu halten. Dieser Ring durfte nicht entfernt werden, und musste nach dem einlöten in die Platine mit einer Pinzette entfernt werden, bevor die Schaltung mit Strom versorgt wurde. Ansonsten gab es verdächtige "Rauchzeichen" von der Platine...
Die Traueranzeige für Herrn Doll gibt den Erinnerungen plötzlich eine Privatheit die ich früher nicht kannte...